Das Jahr 1916 brachte einen schweren Schlag für die Familie Kalla, als am 9. Juli der Sohn und frühere Stolz des Vaters, Dr. Anton Kalla, k. u. k. Professor an der k. u. k. Staatsschule in Wien und k. u. k. Leutnant in der deutschen Armee, starb. Leutnant i. d. R. am Garnisonslazarett in Graz, im treuen Dienst für sein Land gestorben.
Er war mit hervorragenden Fähigkeiten und Begabungen ausgestattet, war einer der ersten, die zum Doktor der Philosophie promoviert wurden, und einer der ersten, die zum Reserveoffizier befördert wurden. Sein Begräbnis, das nach seiner Versetzung aus Graz in Schmiedeberg stattfand, wurde zu einer großen Trauerfeier für ihn und seine trauernden Angehörigen. Der junge Mann hatte Fräulein Greta Gröger aus Freiwaldau-Gräfenberg geheiratet, und seine kleine Tochter wurde nach seinem Tod geboren.
Sein Kollege Dr. Leo Reidel hat ihm einen respektablen Nachruf gewidmet, der hier einen würdigen Platz finden soll:
. . . Anton Kalla wurde 1883 in Schmiedeberg in Böhmen geboren und wuchs im Erzgebirge auf, dem er zeitlebens verbunden war und dessen Mundart er nie verleugnete. Nach dem Gymnasium in Kaaden studierte er Deutsch in Prag und Oxford, reiste viel, um sich weiterzubilden und besuchte Galerien in München, Düsseldorf, Paris, London, Rom und anderen kunstreichen Städten.
Nur sechs Jahre lang konnte er als Lehrer arbeiten, 1908 an der Deutschen Handelsakademie in Prag und von 1909 bis 1914 an unserer Schule. Ein unverwechselbarer Charakter, mit einer außerordentlichen Liebe zur Kunst, einem feurigen Geist voller Energie, begeistert für Volk und Vaterland, machte Dr. Kalla einen unauslöschlichen Eindruck auf die jungen Leute; er war ein strenger Lehrer, der sie zu gewissenhafter Pflichterfüllung und sorgfältiger Arbeit erzogen hat, aber auch ein Freund mit jugendlichem Gefühl, der Spiele und Streiche nicht verschmähte. Die fremde Sprache, die er lehrte, brachte er seinen Schülern durch anschauliche Landschaftsbeschreibungen und fröhlichen Chorgesang nahe; vor allem aber interessierte er sich für die deutsche Sprache und Poesie, in deren Verständnis er sie mit seltenem Gefühl einweihen konnte.
Er drängte seine Schüler, die Wiener Galerien fleißig zu besuchen, ihre Beobachtungen darüber in den “Kunstgeschichtlichen Übungen” ihren Freunden vorzutragen und auch ihr Kunstverständnis kennen zu lernen. Die jährlichen Musikabende der Gesangsschüler erweiterte Dr. Kalla um kurze, oft von ihm selbst geschriebene Theaterstücke. An den Abenden des Vorjahres schickte er uns ein kleines Theaterstück, “Vaters Geburtstag”. Das zu Herzen gehende und andächtige “In Sturmes Not”, das 1914 bei unseren Vortragsabenden aufgeführt wurde, wurde anlässlich seines Todes wiederholt, und es folgte sein letztes Werk, das Freilustspiel “Im Klassenverruf”, das er zwei Monate vor seinem Tod für seine Schüler schrieb und das seine Klasse im letzten Sommer auf der Semmering-Waldwiese aufführen sollte. Der künstlerische Wert dieser Stücke wird noch von vielen anderen Gedichten Kalls übertroffen, bei denen er nicht auf die schwachen Kräfte ungeübter Schauspieler angewiesen war. Dazu gehören die Volksstücke “Herr vergib!”, “Der Dorfgeächtete” und das Singspiel “Die Nürnberger Madonna”. Neben der dramatischen Lyrik gibt es auch Erzählungen – Sandpeter-seffl, dieGlockengeister von St. Michael, Märchen – und zahlreiche Lieder – zwei Sammlungen, ‘Im Jahre des Heils 1914’, ‘ftus schwerer Zeit’; – aber auch in diesen Gedichten müssen die Beobachtungen der ihm Nahestehenden über seine erstaunliche Schnelligkeit beim Schreiben – das Gedicht “28. Juni 1914” entstand über Nacht – und über seine unermüdliche Verfeinerung der Form lassen vermuten, dass hier die Entwicklung des ernsthaften Künstlers erst in den Anfängen steckt.
In seinem Trauermarsch für den ermordeten Erzherzog rief er voller Vorfreude aus: “An den Feind! Mein Österreich”. Kaum einen Monat später eilte er von England aus zu seinem Bataillon, um diesem Ruf zu folgen; dass er wegen seiner bereits schwächelnden Gesundheit nicht mehr an der Schlacht teilnehmen konnte, hat ihn immer geschmerzt, aber dass er in seinem Lazarett und im Dienste seiner Truppe mit letzter Kraft die Kranken pflegte und in der Selbstaufopferung nicht hinter den Helden im Felde zurückstand, ist unvergessen.
Sein Tod hat bewiesen, dass er nicht hinter den Helden des Feldes zurückgeblieben ist.”